Aktuell haben wir es mit einer Verdreifachung der Covid-Infektionen innerhalb eines Monats zu tun. Allein in Wien gibt es derzeit 39.000 „aktive Fälle“. Die Impfungen erweisen sich weiterhin als bestmöglicher Schutz vor einer schweren Erkrankung, denn der Anstieg der Hospitalisierungen hat sich im selben Zeitraum „nur“ verdoppelt. 250 Personen werden derzeit mit einem schweren Krankheitsverlauf im Krankenhaus behandelt. Angesichts dieser Situation fasst Univ. Prof. Dr. Arnold Pollak den aktuellen Stand der Wissenschaft und die wichtigsten Empfehlungen zusammen:
Die vierte Dosis von BNT162b2 schützt vor Omikron-bedingten Krankenhauseinweisungen und Todesfällen bei älteren Menschen über 65 Jahren, besonders bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Langzeitpflegeeinrichtungen.

Eine vierte Dosis des BNT162b2 (Pfizer-BioNTech)-Impfstoffs gegen die Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) war mit einem hohen Schutz vor COVID-19-Krankenhausaufenthalten und Todesfällen bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Langzeitpflegeeinrichtungen während eines Anstiegs im Zusammenhang mit der Omikron-Variante verbunden, so eine Studie in JAMA Internal Medicine.
Das Nationale Impfgremium in Österreich (NIG) hat dementsprechend mit 1.7.2022 folgende Empfehlung herausgegeben: Risikopersonen ab 12 Jahren und Personen ab dem 65. Lebensjahr: Folgenden Personengruppen wird eine 4. Impfung frühestens 4 Monate, jedenfalls aber ab 6 Monaten nach der 3. Impfung empfohlen:
- Personen ab 65 Jahren
- Risikopersonen mit Vorerkrankungen und/oder bei denen Umstände gegeben sind, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 bedingen können (z.B. Schwangerschaft, hoher Blutdruck, Diabetes etc.)
Die Stadt Wien empfiehlt allen Personen ab 12 Jahren eine Auffrischungsimpfung.
Schlechte Nachrichten: Unser Antikörperschutz hilft leider nur bedingt gegen die SARS-CoV-2-Omikron-Subvarianten BA.2.12.1, BA.4 und BA.5
Neueste Studiendaten zeigen, dass die Untervarianten BA.2.12.1, BA.4 und BA.5 im Wesentlichen unserem Antikörper-Schutz entgehen, der primär sowohl durch Impfung als auch durch Infektion entsteht. Diese Ergebnisse sind eine immunologische Erklärung für die aktuellen Schübe, die durch die BA.2.12.1-, BA.4- und BA.5-Subvarianten in Populationen mit hoher Impffrequenz bzw. BA.1- oder BA.2-Infektion verursacht werden.
Kinderimpfung
Über 4,4 Millionen COVID-19-Infektionen und 364 COVID-19-Todesfälle wurden seit Beginn der Pandemie bei Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren aus den USA gemeldet. Ähnlich dürften die Zahlen in Europa sein. Während des jüngsten Omikron-Anstiegs nahmen die mit COVID-19 verbundenen Krankenhauseinweisungen in dieser Altersgruppe mit einem Spitzenwert von 2,8 pro 100.000 Kinder zu. Darüber hinaus wurden 3.460 Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren mit multisystemischem Entzündungssyndrom (MIS-C), einer seltenen, aber schwerwiegenden hyperinflammatorischen Erkrankung nach COVID-19, gemeldet.
Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat vor wenigen Wochen sowohl den Pfizer- als auch den Moderna-Impfstoff für die Impfung von Kindern ab dem 6. Lebensmonat bis zum 5. Lebensjahr freigegeben. In Europa ist man (so auch das nationale Impfgremium in Österreich) mit der Freigabe für diese Altersgruppe noch zurückhaltend, während in den USA bereits größere Teile der Bevölkerung mit den Impfungen bei Säuglingen und Kleinkinder begonnen haben. Die Wirksamkeit der Impfungen dürfte bei 50 bis 80 Prozent nach zwei bzw. drei Dosen liegen.
Erfreulich: Für Personen, die auf Covid-Impfungen keine oder keine ausreichenden Antikörper produzieren, gibt es endlich Hoffnung
Erstmals wurde das neue Präparat AZD7442 (Tixagevimab–Cilgavimab) zur Verhinderung einer Covid-19 Erkrankung entwickelt: In eine laufende Phase-3-Studie wurden Erwachsene (≥ 18 Jahre) aufgenommen, die ein erhöhtes Risiko einer unzureichenden Immunantwort auf die Covid-19-Impfung bzw. ein erhöhtes Risiko einer Exposition gegenüber SARS-CoV-2, oder beides hatten. Es handelt sich dabei um eine monoklonale Antikörperkombination bestehend aus Tixagevimab und Cilgavimab, zwei neutralisierende Antikörper gegen die schwere Erkrankungsform (SARS-CoV-2). Entscheidend dabei ist die verlängerte Halbwertszeit (= ist im Körper länger wirksam) dieses Präparates, welches im Tiermodel nachweislich prophylaktische und therapeutische Wirkungen hat. Die ersten Daten beim Menschen weisen darauf hin, dass AZD7442 auch eine verlängerte Halbwertszeit von etwa 90 Tagen hat. Eine Einzeldosis von AZD7442 war zur Vorbeugung von Covid-19 ohne offensichtliche Sicherheitsbedenken für mehrere Monate wirksam.
Angepasste Impfstoffe
Die FDA hat von sich aus die beiden führenden Hersteller von Coronavirus-Impfstoffen aufgefordert, ihre Booster-Formulierungen zu aktualisieren, um auf die sich schnell ausbreitenden Varianten zu reagieren. Es wird erwartet, dass Pfizer und Moderna in diesem Sommer mit der Produktion neu formulierter Dosen beginnen, um sie bis Herbst fertig zu haben.
