Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gemeindemitglieder!
In der Sitzung des Kultusvorstands vom 26. Mai 2025 wurden folgende Themen behandelt:
- „Alef Alef“ / Restaurierung Stadttempel
- Nationalfonds und Nationalratspräsident Rosenkranz
Beschneidungen in Belgien
Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister berichtete dem Kultusvorstand am Montagabend von einer aktuellen Problemlage in Belgien: Moishe Arye Friedmann, der vor einigen Jahren auch in Wien für Aufruhr sorgte, erstattete gegen zwei Mohalim wegen „Kindesverstümmelung“ Anzeige. Es sei, wie im Fall einer solchen Anzeige üblich, zu einer polizeilichen Untersuchung gekommen. Rechtlich gebe es diesbezüglich in Belgien Unsicherheit, es gebe keine klare gesetzliche Regelung. Hofmeister, der Präsident der Union der Mohalim in Europa ist, betonte, man bemühe sich nun gemeinsam mit der Europäischen Rabbinerkonferenz, die Situation zu beruhigen und eine Lösung zu finden.
IKG-Präsident Oskar Deutsch sagte, er hoffe, dass diese schwierige Situation bald ausgestanden sei und appellierte daran, innerhalb der jüdischen Gemeinden Einigkeit zu zeigen, denn, darauf wies Rabbiner Hofmeister hin, in Belgien würden einander verschiedene jüdische Gruppierungen bekriegen. Diese Uneinigkeit sei aber keine gute Grundlage, wenn man versuchen wolle, jüdisches Leben zu bewahren.
„Alef Alef“ /Restaurierung Stadttempel / Bürgerparlament am 18. September
Präsident Deutsch berichtete, dass die Planungsarbeiten für die Sanierung und Restaurierung von Stadttempel und Gemeindezentrum gut voranschreiten. Das Architektenteam, das IKG-Präsidium und der Tempelvorstand sowie die Immobilienabteilung und das Bundesdenkmalamt seien in ständigem Austausch. Insgesamt wird von Gesamtkosten von rund 10 bis 10,5 Millionen Euro ausgegangen, die zu je einem Drittel vom Bund, von der Stadt und aus Spenden finanziert werden sollen. Die Übernahme eines Drittels der Kosten durch die Stadt Wien hat Bürgermeister Michael Ludwig bereits zugesagt. Vom Bund gebe es bereits eine Vorhabenszusage, ein fixer Beschluss wird aber erst in den nächsten Wochen erwartet.
Der Zeitplan sieht nun folgendermaßen aus: Einreichungen bei den Behörden und dem Bundesdenkmalamt seien im Laufen, so KVin Natalie Neubauer (Atid). Parallel würden Ausschreibungen vorbereitet. Den Transparenzvorgaben und den Förderrichtlinien entsprechend würden jeweils mindestens drei Firmen um Anbote gebeten. Der Baubeginn soll am 20. Oktober erfolgen. Im ersten Jahr – bis kurz vor den Hohen Feiertagen im Herbst 2026 - sollen die Arbeiten im Stadttempel abgeschlossen sein. Die Tefilot sollen in der ersten Phase im Gemeindezentrum durchgeführt werden. Danach soll der Umbau des Gemeindezentrums erfolgen. Deutsch kündigte hier für die Juni-Sitzung auch einen detaillierten Bericht über die Zukunft des Restaurants Alef Alef an. Jedenfalls sollen auch während der Umbauphase des Stadttempels Kidduschim angeboten werden.
Skizziert hat der Präsident, dass im Zuge des Umbaus zwei Warmhalteküchen eingebaut werden könnten. Dies würde das parallele Arbeiten eines aschkenasischen und eines sefardischen Caterers ermöglichen, so hätten Gemeindemitglieder für Kidduschim und Feste im Gemeindezentrum jeweils die Wahl. Für Deutsch wäre das auch ein wichtiges Zeichen des Gemeinsamen. Alle bis dahin feststehenden Details zu den im Herbst startenden Bauarbeiten sollen auch in einem Bürgerparlament am 18. September präsentiert werden.
Bericht WJC und EJC
Präsident Deutsch und IKG-Generalsekretär Benjamin Nägele reisten vergangene Woche nach Israel zur Plenarsitzung des World Jewish Congress (WJC) sowie zur Generalversammlung des European Jewish Congress (EJC) nach Jerusalem. Ronald S. Lauder wurde dabei erneut zum WJC-Präsidenten gewählt. Beim EJC hatten sich sowohl Ariel Muzicant, der das Amt die vergangenen drei Jahre inne hatte, als auch Moshe Kantor um den Vorsitz bemüht. Kantor war als EJC-Präsident abgetreten, nachdem er nach dem Beginn des Kriegs Russlands gegen die Ukraine auf die Sanktionsliste der Europäischen Union gesetzt worden war – damals sprang Muzicant ein, zunächst interimistisch und später ordentlich gewählt. Die EU entfernte Kantor inzwischen von dieser Sanktionsliste, was diesen veranlasste, erneut für die Präsidentschaft zu kandidieren. Allerdings ist Kantor von einzelnen Staaten wie Polen weiterhin sanktioniert. Am Ende kam es im EJC zu einer Abstimmung Westeuropa gegen Osteuropa, wie Deutsch schilderte. Kantor setzte sich hier durch.
Was die Reise nach Israel ihm einmal mehr vor Augen geführt habe: wie es sich anfühlt, von jetzt auf gleich einen Bunker aufsuchen zu müssen, berichtete der Präsident. Vor allem Kinder, aber auch ältere Leute würde das in ständige Nervosität versetzen. Ja, in Europa und auch in Wien seien Juden und Jüdinnen mit Antisemitismus konfrontiert. „Wir dürfen uns aber nie vergleichen mit dem, was die Menschen in Israel nun schon so lange erleben.“ Er hoffe auf die baldige Befreiung der Geiseln, sowie Sicherheit und Frieden.
Nationalfonds und Nationalratspräsident Rosenkranz
KV Erich Nuler (Atid) berichtete über die Novellierung des Nationalfondsgesetzes, die es ermöglicht, dass Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) sich in seinen Funktionen im Nationalfonds vom Zweiten Nationalratspräsidenten Peter Haubner (ÖVP) entweder gesamthaft oder teilweise vertreten lässt. Das Gesetz sähe darüber hinaus die Möglichkeit vor, den NR-Präsidenten durch den Hauptausschuss des Nationalrats vom Fondsvorsitz gänzlich abzuwählen.
Rosenkranz verkündete schließlich in einem auf Facebook veröffentlichten Video, sich für alle nach außen wirksamen Funktionen wie den Vorsitz bei Sitzungen, aber auch beim Simon Wiesenthal-Preis durch Haubner vertreten zu lassen, nach innen allerdings allen Aufgaben nachzukommen. Darunter falle zum Beispiel die Personalhoheit. So sei es der IKG auch wieder möglich, an Sitzungen des Nationalfonds teilzunehmen.
Nuler ging auf dieses Video von Rosenkranz aber auch noch in einem anderen Kontext ein: unter diesem wurde auf der Facebook-Wall des Nationalratspräsidenten – Medieninhaber ist allerdings die FPÖ - teils heftig antisemitisch kommentiert. Die Postings wurden Wochen lang stehen gelassen. Gegenüber dem „Standard“ wurde argumentiert, es seien antisemitische Kommentare „durchgerutscht“. Bandbreite dieser Kommentare reicht von „Die Juden werden niemals Ruhe geben“ über „Die sollten alle abgeschoben werden“ bis zu „Die Juden wollen wieder die Weltherrschaft übernehmen“. Nuler trug hier Auszüge der von „Stoppt die Rechten“ mittels Screenshots gesicherten Postings vor, betonte dabei aber, „das waren nicht die heftigsten“. Inzwischen ermittelt hier einerseits die Staatsanwaltschaft, dabei geht es um strafrechtlich Relevantes. Die IKG prüfe ihrerseits, wo Rosenkranz selbst, wo die FPÖ und wo die Autoren und Autorinnen der Postings etwa wegen Verhetzung in die Pflicht genommen werden könnten.
Bericht des Präsidenten
IKG-Präsident berichtete, dass es im Fall des ersten von zwei Vorfällen, bei dem die israelische Fahne vor dem Stadttempel heruntergerissen wurde, nun zu einer Gerichtsverhandlung gekommen sei. Das Urteil sei aber noch ausständig, es würden zu einem späteren Zeitpunkt noch Zeugen gehört. Er sei aber froh, dass es hier überhaupt einmal zu einer Verhandlung gekommen ist.
Deutsch berichtete von den Jom HaSikaron und Jom HaAtzma’ut-Feiern im Stadttempel, der ZPC-Schule, der Misrachi und dem JBBZ. Es sei schön, vor allem bei den Schülern und Schülerinnen die Begeisterung für Israel zu sehen.
Anlässlich der Befreiung des KZ Mauthausen gab es Gedenkfeiern im Parlament und im Bundeskanzleramt. Da Rosenkranz zu der Veranstaltung im Parlament geladen hatte, blieben die IKG-Vertreter dieser fern. An der Feier im Bundeskanzleramt nahm die IKG dagegen teil.

Der frühere Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wurde von der IKG Wien mit der Torberg-Medaille ausgezeichnet. An der Feier nahm auch Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) teil und Deutsch berichtete, Sobotka habe sich aufrichtig gefreut und die Auszeichnung als Auftrag für die Zukunft verstanden.
Unmittelbar vor der Sitzung des Kultusvorstands wurden am Montag im Gemeindezentrum fünf christliche Jugendliche in Kooperation mit dem Christlich-jüdischen Koordinierungsausschuss mit dem neu geschaffenen Hillel-Preis ausgezeichnet.