Erste deutschsprachige Edition der Texte von Debora Vogel (1900-1942)
Anna Maja Misiak [Übersetzung und Herausgabe]
Debora VOGEL debütierte 1930 auf Jiddisch mit dem Lyrikband Tagfiguren, in dem sie die Ausdrucksmittel der Malerei literarisch verarbeitete. Inspiriert haben sie dazu Bilder von Cézanne und Léger sowie Theorie und Praxis des Suprematismus und Konstruktivismus. In ihrem zweiten Lyrikband Schneiderpuppen, vier Jahre später, entfernte sich Vogel von der sperrigen Sprach-Geometrie und erklärte das Banale zum Rohstoff der Wirklichkeit. In harte, schnörkellose Wörter sowie klare und konkrete, oft durch Wiederholung monoton wirkende lyrische Strukturen eingefasst, gewinnen in Vogels Texten die sentimental aufgeladenen Bilder und Platitüden eine besondere Kraft und verweisen auf das eigentlich Unsagbare: die letzte Stille des täglichen Lebens, den Verzicht auf Illusionen.
Sowohl in Gedichten als auch in den experimentellen Montagen Akazien blühen (Jidd. 1935, Poln. 1936) übte die Autorin Kritik am Kapitalismus und an der Konsumgesellschaft. In ihren Essays bewegte sie sich kenntnisreich in den Bereichen moderne Kunst, Film, Literatur- und Philosophiegeschichte; daneben problematisierte sie Themen wie die Erziehung zum Neuen Menschen sowie den zunehmenden Rassismus und Antisemitismus
In ihren Korrespondenzen an jiddische Dichter in New York, an ihren Seelenverwandten Bruno Schulz sowie an ihren Onkel, den Stockholmer Rabbiner Markus Ehrenpreis, zeigte sich Vogel als engagierte Vorreiterin des jiddischen Modernismus und als sensible wie auch selbstbestimmte Frau, die ihre Umgebung kritisch wahrnahm.
Debora Vogel wurde im August 1942 im Ghetto Lemberg ermordet.
Anna Maja MISIAK, geboren 1974 in Lódz (Polen), Literaturwissenschaftlerin, Kunsthistorikerin und Übersetzerin. 2003 promovierte sie an der Universität Wroclaw und lebt seither in Bern.
Arbeitskreis Das Exil von Frauen - historische Perspektive und Gegenwart
Konzept und Organisation: frauenAG der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (öge) und biografiA - Dokumentationsstelle Frauenforschung (IWK)
Debora Vogel
Die Geometrie des Verzichts
Gedichte, Montagen, Essays, Briefe.
Arco Verlag: Wuppertal 2016