Zwei Zeitungsberichte in denen sich Oskar Deutsch zu einer FPÖ-Veranstaltung äußert

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Die Blauen buhlen um Israel
"Salzburger Nachrichten" Nr. 260 vom 09.11.2016, von Maria Zimmermann


Besuche in Yad Vashem, Warnungen vor arabischem Antisemitismus, Hofieren einer israelischen Nazijägerlegende. Die FPÖ will vorbauen für die Zeit, in der sie in der Regierung sitzen könnte.

Die FPÖ und Israel – das ist eine Geschichte, die Jahrzehnte vor allem von einem geprägt war: von großer historisch bedingter Ablehnung. Seit einigen Jahren hat sich das stark verändert. Zumindest vonseiten der FPÖ. Diese lässt nichts unversucht, um in Israel salonfähig zu werden. Parteichef Strache

2010 in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem – damals noch mit Burschenschafter-Käppi. Strache im April 2016 in Jerusalem – diesmal mit gewöhnlichem Hut. Dazwischen proisraelische Kommentare und Kontakte über Mittler. Allen voran über David Lasar, FPÖ-Parlamentarier und selbst Jude.

Erst dieser Tage wurde die Geschichte um ein Kapitel reicher – wieder zog Lasar die Fäden: Auf Einladung der FPÖ kam ein Mann nach Wien, der in Israel eine Legende ist. Rafi Eitan war der Anführer jenes Mossad-Kommandos, das den Hauptorganisator des Holocaust, Adolf Eichmann, 1960 entführte und von Argentinien nach Israel brachte. Dort wurde dem NS-Kriegsverbrecher der Prozess gemacht. Er wurde zum Tod verurteilt.

Montagabend also trat Eitan (90) – später Chef des Geheimdienstes Lakam, Knesset-Abgeordneter und für kurze Zeit sogar Minister – bei einer Veranstaltung des FPÖ-Bildungsinstituts anlässlich der Novemberpogrome 1938 auf. Titel: „Neuer Antisemitismus in Europa“,

sprich: von islamischer Seite. An Eitans Seite im Wiener Grand Hotel, das übrigens dem saudisch-österreichischen Geschäftsmann Mohammed Bin Issa Al Jaber gehört: Likud-Politiker Michael Kleiner, als Chef des Parteigerichts der Regierungspartei auch kein Unbekannter in Israel. Und viel FPÖ-Prominenz von Parteichef Strache und Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer abwärts. Am Dienstag ging die Reise weiter nach Mauthausen und ins blau regierte Wels, wo ebenfalls der Novemberpogrome gedacht wurde.

Was die FPÖ-Spitze und ihre prominenten Besucher eint: ihre Warnungen vor dem arabischen Antisemitismus, dem mit der großen Flüchtlingswelle seit dem Vorjahr Tür und Tor geöffnet wurde, wie Strache betonte. Eitan pflichtete dem bei und sagte, er hoffe, dass Hofer der nächste Präsident Österreichs werde. Begleiter Kleiner fügte später noch hinzu, dass er hoffe, der nächste Kanzler heiße Strache.

So viele Rosen werden der FPÖ selten gestreut – auch wenn der hohe Besuch kein offizieller oder von Likud autorisierter war, sondern privater Natur. Denn offiziell herrscht seit dem Jahr 2000, als die FPÖ unter ÖVP-Führung in die Regierung kam, in Israel Sendepause, was die FPÖ angeht. Strache hingegen will die Israelis überzeugen, dass die FPÖ koscher ist – und den Bann brechen. „Wir werden beweisen, dass wir Freunde Israels sind“, sagte auch Präsidentschaftskandidat Hofer. Der FPÖ kann es dabei gar nicht schnell genug gehen. Denn so greifbar war eine blaue Regierungsbeteiligung schon lang nicht – und, so die Überlegungen:

Wenn Israel die FPÖ in der Regierung ohne großen Aufschrei akzeptiere, müssten andere Staaten nachziehen. David Lasar formuliert es lieber so: „Es geht uns ausschließlich darum, gute Kontakte zu Israel zu pflegen – wie zu vielen Ländern.“ Die FPÖ habe immer davor gewarnt, dass „mit der Islamisierung neuer Antisemitismus ins Land kommt“ – eine Warnung, die auch bei Juden auf fruchtbaren Boden stoße, sagt Lasar. Das Verhältnis der FPÖ zu vielen öffentlichen Stellen in Israel sei jedenfalls gut. „Glauben Sie wirklich, eine israelische Legende wie Rafi Eitan kommt zu Nazis?“

Sollte Israel tatsächlich überlegen, die Beziehung zur FPÖ zu normalisieren, hat die Israelitische Kultusgemeinde ein gewichtiges Wort mitzureden. Für Präsident Oskar Deutsch ist das Buhlen der FPÖ um Israel und die Juden in Österreich freilich „überhaupt nicht glaubwürdig“. Einerseits gebe es Äußerungen pro Israel, auf der anderen Seite werde in FPÖ-Postillen immer wieder gegen Israel gehetzt. „Das ist ein Tanzen auf zwei Hochzeiten“, sagt er. Die FPÖ-Annäherungsversuche kann er auch wegen des Einflusses von deutschnationalen Burschenschaftern nicht ernst nehmen. Auch ihm bereite der neue Antisemitismus Sorge. Davor warne er ständig und fordere Integration, sagt Deutsch. „Aber wir warnen vor dem antisemitischen Islam, nicht vor allen Muslimen.“

Den Segen der Kultusgemeinde wird die FPÖ so schnell wohl nicht bekommen. Ein Grüppchen von Aktivisten brachte das Misstrauen gegen die FPÖ bei der Abendveranstaltung am Montag so auf den Punkt: „In Yad Vashem mit Burschideckerl – koscher wie ein Schinkenfleckerl.“
"Gegen pauschale Verurteilung des Islam"
Wiener Zeitung, Von Alexia Weiss

FPÖ lud Knesset-Abgeordnete zu Symposium ein. "Haben keine Beziehungen zur FPÖ", betont IKG-Präsident Deutsch.

Wien. "Seitens der Leitung der Kultusgemeinde gibt es keine Beziehungen mit der FPÖ", stellt Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien, am Mittwoch im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" klar.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte Montag Abend bei einem Symposium des FPÖ-Bildungsinstituts zum Thema "Haben wir aus der Geschichte gelernt? Neuer Antisemitismus in Europa" im Wiener Grand Hotel erklärt, dass die Freiheitlichen innerhalb der Kultusgemeinde viele Freunde haben. Der Abend diente insgesamt dazu, sich als Freund Israels und der "jüdischen Mitbürger" darzustellen und die fortschreitende Islamisierung Österreichs und Europas anzuprangern.

Auf eigene Parteigeschichte wurde nicht eingegangen

Eingeladen hatte man dazu die beiden ehemaligen Knesset-Abgeordneten Michael Kleiner und Rafi Eitan. Heinz-Christian Strache und die nicht amtsführende FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel verurteilten zudem den Holocaust. Die Ermordung von sechs Millionen Menschen, die "alleine aufgrund ihrer Abstammung" getötet wurden, sei "Mahnung". Dafür die Verantwortung im Hier und Heute zu tragen, bedeute gegen den ansteigenden muslimischen Antisemitismus aufzutreten und dadurch eben auch die "jüdischen Mitbürger" zu schützen.

Auf die eigene Parteigeschichte gingen weder Strache noch Stenzel noch der freiheitliche Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer ein. Strache meinte lediglich, seit 2005, seit er den Vorsitz in der Partei übernommen habe, gebe es eine klare Verurteilung des Nationalsozialismus.

Laut Norbert Hofer ist der Islam kein Teil Österreichs

Fragen aus dem Publikum waren allerdings nicht zugelassen - so konnte der FPÖ-Chef auch nicht etwa zu den teils problematischen Postings auf seiner Facebook-Seite und seinem Umgang damit befragt werden. Hofer betonte dagegen vor allem, der Islam sei kein Teil Österreichs und man müsse einer Entwicklung gegensteuern, die dazu führen werde, dass 2050 die Hälfte der Null- bis Zwölfjährigen muslimisch sein würden.

Genau hier setzt nun die Kritik von Deutsch an: "Die Partei hat ihre Vergangenheit bis heute nicht aufgearbeitet." Im Gegenteil, sie habe in ihren Reihen Burschenschafter. Darüber hinaus betreibe die FPÖ aktuell in zwei Bundesländern - der Steiermark und Niederösterreich - Kampagnen für ein Schächtverbot, etwas, was dann eben nicht nur Muslime, sondern auch Juden treffe.

Ja, die Kultusgemeinde warne auch vor einem möglichen Ansteigen des Antisemitismus von muslimischer Seite, da viele jener Muslime, die im vergangenen Jahr nach Österreich gekommen seien, aus Ländern kämen, in denen sie von klein auf antisemitisch indoktriniert würden, so Deutsch. Die Antwort darauf könne aber keine Pauschalverurteilung aller Muslime sein, stellte der IKG-Präsident klar.

Er plädiert dafür, beim Integrationsprozess neben dem Spracherwerb auch das Thema Antisemitismus zu berücksichtigen, etwa durch Exkursionen in die Gedenkstätte Mauthausen oder durch Einbeziehung von Schulungen durch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW).

Deutsch berichtete zudem, dass er erst vergangenen Woche mit dem neuen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ibrahim Olgun, zusammengetroffen sei. "Dabei haben wir auch einige Punkte vereinbart, wo es in Zukunft ein gemeinsames Auftreten von IKG und Muslimen geben wird." Einer dieser Punkte ist das Thema Schächten.

Manchen Israelis gefalle das Auftreten der FPÖ

Zu den von der FPÖ seit mehreren Jahren immer wieder zur Schau gestellten Beziehungen zu Israel hielt der IKG-Präsident fest: Die beiden nun in Wien auf dem FPÖ-Podium aufgetretenen Ex-Abgeordneten hätten als Privatpersonen an der Veranstaltung teilgenommen - nicht aber als Vertreter Israels. Rafi Eitan leitete im Jahr 1960 die Mossad-Operation zur Verhaftung Adolf Eichmanns in Argentinien, wozu er Montag Abend auch von Ursula Stenzel intensiv befragt wurde.

In Richtung Kleiners und Eitans meinte der IKG-Präsident: Das Auftreten der FPÖ gefalle offenbar manchen Israelis. "Sie vergessen dabei aber, wer die FPÖ ist - eben eine Partei, die ihre Vergangenheit bis heute nicht aufgearbeitet hat."