Erinnerung an eine vergessene Flucht – „Balkan Odyssee“ im Literaturcafé
Am 13. November 2025 fand das Literaturcafé der IKG. Kultur in besonderem Ambiente statt: Aufgrund der laufenden Restaurierungsarbeiten im Stadttempel wurde die Veranstaltung ins Restaurant Alef Alef verlegt, das für diesen Abende einen würdigen Rahmen bot.
Bis auf den letzten Platz besetzt: Zu Gast war die Historikerin Marie-Janine Calic, Professorin für ost- und südosteuropäische Geschichte an der Universität München, die ihr Buch "Balkan-Odyssee 1933-1941. Auf der Flucht vor Hitler durch Südosteuropa" vorstellte. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Buch Wien statt und wurde von Klaus Nüchtern moderiert, der kenntnisreich und pointiert durch den gesamten Abend führte. Calic erinnerte an ein kaum bekanntes Kapitel europäischer Geschichte: die Flucht zahlreicher Künstlerinnen, Intellektueller und politisch Verfolgter aus dem Deutschen Reich in die Länder Südosteuropas. Aufgrund akribischer Recherche und ihres besonderen Schreibstils zeichnet sie ein detailliertes Bild der Menschen, die sie in ihrem Buch beschreibt. Namen wie Tilla Durieux, Ernst Toller oder Franz Theodor Csokor standen dabei stellvertretend für viele, die zwischen 1933 und 1941 auf der sogenannten „Balkanroute“ Zuflucht suchten – oft nur auf Zeit.
In der abschließenden Gesprächsrunde ging es um historische Parallelen und die Rolle der Zufluchtsländer. Das Publikum zeigte großes Interesse an diesem wenig beleuchteten Thema, das Flucht, Solidarität und Menschlichkeit in einer Zeit wachsender Bedrohung eindrücklich in Erinnerung rief. Der Abend bot nicht nur neue historische Perspektiven, sondern auch viel Stoff zum Nachdenken über aktuelle Formen des Exils und die Verantwortung Europas.
