#WeRemember 2022

#WeRemember 2022 Ostarrichi Namensmauer

Ouriel Morgensztern/IKG

Am Gedenktag zur Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau vor 77 Jahren lud die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) Vertreter der Republik, die Staats- und Regierungsspitze, Parlamentsparteien und Volksgruppenverteter der Roma zu einer Gedenkzeremonie in der Shoah-Namensmauern-Gedenkstätte im Wiener Ostarrichipark. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verabschiedeten untenstehende Erklärung unisono. Als Ehrengast war der israelische Außenminister Yair Lapid als Zeichen der Verbundenheit zwischen Österreich und Israel anwesend.

Folgend die Erklärung mit den Namen der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:

"Heute vor 77 Jahren befreiten Soldaten der sowjetischen Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Mehr als eine Million Menschen hatten die Nationalsozialisten dort ermordet. Doch der Holocaust, die Shoah, der Porajmos, waren damit noch nicht beendet. Das Morden ging weiter. Auch auf österreichischem Boden, etwa im Konzentrationslager Mauthausen.

Im Rahmen der Initiative #WeRemember gedenken wir aller Opfer, die aus antisemitischen, rassistischen, homophoben, politischen und anderen Gründen verfolgt, gequält und ermordet wurden. Aus der Erinnerung erwächst die Verantwortung, uns immerwährend und aktiv gegen Antisemitismus, Romafeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit und jegliche Form der Diskriminierung zu stellen.

Dies ist ein Auftrag an die gesamte Republik Österreich; an alle Menschen, die hier leben. Wir alle sind gefordert, Zivilcourage zu zeigen, zu widersprechen, wenn antisemitische, romafeindliche oder fremdenfeindliche Worte fallen. So nehmen wir die Verantwortung, die sich aus dem Gedenken ableitet, tatsächlich wahr; im Interesse einer lebendigen und vielfältigen Demokratie und aller nachkommenden Generationen.“

Unterzeichnet von:
Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka
Bundeskanzler Karl Nehammer
Vizekanzler Werner Kogler
Bundesministerin Karoline Edtstadler
Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner
stv. Klubobmann Nikolaus Scherak
Emmerich Gärtner-Horvath, Vorsitzender des Volksgruppenbeirats der Roma
Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich und IKG Wien

Feierlicher Rahmen

#WeRemember 2022 Ostarrichi Namensmauer Shmuel
Ouriel Morgensztern/IKG

Den Rahmen für die feierliche Gedenkveranstaltung bildete der Chor des Stadttempels (Benjamin Fox-Rosen, Robert Singer, Sadia Alperovits, Leon Pollak, Nikos Pogonatos, Erwin Rennert, Anatoly Vainberg) , der Musiker Ferry Janoska mit dem Lied „Oblivion“ sowie ein Kaddish-Totengebet des Oberkantors Shmuel Barzilai. Der Schriftzug, hinter dem sich die Republik versammelte, wurde vom jüdischen Künstler Roy Riginashvili umgesetzt.

Bewegendes Gedenken im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen

Im Rahmen der Kranzniederlegung in Mauthausen berichtete der Außenminister des Staates Israel, Yair Lapid, die Geschichte seines Großvaters Béla, der im April 1945, wenige Wochen vor der Kapitulation Nazi-Deutschlands ermordet wurde.

Daher holten sie ihn in der Mitte der Nacht und schickten ihn von einem Konzentrationslager in das nächste, bis er hierherkam. Bei seiner Ankunft wussten die Nazis bereits, dass sie den Krieg verloren hatten. Der mächtige Apparat, die deutsche Armee, war am Ende. Sie brauchten jeden Soldaten, jedes Stück Brot, jedes Gewehr – und trotzdem ermordeten sie Juden bis zum allerletzten Moment.

Heute ist sein Enkel an diesem Ort, um Israel zu vertreten.

Die Nazis glaubten, dass sie die Zukunft wären und dass man Juden nur mehr im Museum finden würde. Stattdessen ist der Jüdische Staat die Zukunft und Mauthausen eine Gedenkstätte.

Die gesamte Rede können Sie unter folgendem Link im Wortlaut ansehen:

Breite Beteiligung an der #WeRemember-Kampagne

Die im Sinne des Statements beschriebene Verantwortung, die aus dem Erinnern erwächst, zeigten auch viele weitere Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Zivilgesellschaft.

Junge Jüdinnen und Juden für das Erinnern

Anlässlich des International Holocaust Remembrance Day nahm die Jugendkommission wie jedes Jahr an der internationalen #WeRemember-Initiative des WJC teil. In Wien leben junge Jüdinnen und Juden in einer Stadt, in der sie tagtäglich mit der Vergangenheit konfrontiert werden. Umso wichtiger ist es, die Orte, die Geschichten erzählen und Erinnerungen beinhalten, als Plattform zu nutzen. Gemeinsam mit allen jüdischen Jugend- und Studierendenorganisationen wurden diese Orte zum Leben erweckt. Hinter jedem dieser Orte stecken Geschichten von Personen, die dort Schreckliches durchgemacht haben. Mit Gedanken, die die Jugend von heute damit verbindet und äußern möchte, ist es die junge Generation, die die Erzählungen weiterträgt und somit gegen das Vergessen ankämpft. Erinnern heißt handeln, damit „Niemals wieder“ nicht nur leere Worte sind!

2022 01 27 zeichen setzen gedenkveranstaltung Claudia Prutscher
Schmidl/IKG

Jetzt Zeichen Setzen

Die Plattfrom „Jetzt Zeichen setzen!“ hat die #WeRemember-Kampagne zum Anlass genommen, um auf die Verharmlosung und Verdrehung der Shoah im Rahmen der sogenannten Corona-Demonstrationen hinzuweisen. An unterschiedlichen Orten in der Stadt wurden Interviews mit Überlebenden und ihrer Nachkommen auf Wände projiziert und es wurde eine Kranzniederlegung mit Reden am Heldenplatz abgehalten. Die Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Claudia Prutscher, hat in ihrer Rede das laute Erinnern eingefordert:

In Zeiten, in denen die Shoah relativiert und verharmlost wird, erinnern wir uns nicht in aller Stille, sondern laut, denn: Wir dürfen nicht vergessen! Und wir dürfen nicht zulassen, dass irgendjemand jemals vergessen könnte!
Und: Wir dürfen nicht zulassen, dass das „Nie wieder“ zu einer hohlen Phrase verkommt. Die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen haben es immer und immer wieder betont: Es gab ein Davor! Die Shoah ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist passiert, also kann es wieder passieren. Es ist an jedem und jeder einzelne, für das „Nie wieder“ zu sorgen.

Europäisches Gedenken

Auf Einladung der Französischen Botschaft in Wien – Frankreich hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne – wurde ein Gedenkakt im Ostarrichipark unter der Teilnahme der EU-Botschafterinnen und Botschafter, Vertretern der Europäischen Kommission und  Ministerin Karoline Edtstadler abgehalten. Der Gedenkveranstaltung wohnten auch der Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Dezoni Dawarashwili und der Oberrabbiner Jaron Engelmayer bei.

2022 01 27 Jonny Dezoni Engelmayer #WeRemember
Schmidl/IKG