Bericht: Sitzung des Kultusvorstands vom 26. Juni 2023

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Sehr geehrte Damen und Herren, 

liebe Gemeindemitglieder! 

In der Sitzung des Kultusvorstands vom 26. Juni 2023 wurden folgende Themen behandelt: 

  • Jahresbefragung der IRG 
  • Generalversammlung des MZ 
  • Bestellung des Tempelvorstands 
  • Zuerkennung der Torberg- und Bundesverbands-Medaillen 
  • Präsentation Kommunikationsabteilung 
  • Vorstellung Nachbarschaftshilfe 
  • Erhöhung der Beerdigungskostentarife 
  • Bericht ESRA 
  • Bericht des Präsidenten 

Jahresbefragung der Israelitischen Religionsgesellschaft (IRG) 

Der renommierte Meinungsforscher Peter Hajek präsentierte dem Kultusvorstand die Ergebnisse der von 26. April bis 17. Mai 2023 online durchgeführten Befragung zur Zufriedenheit mit den Angeboten der jüdischen Gemeinden in Österreich. Über tausend Personen nahmen an der Erhebung teil, davon 83 Prozent Juden und Jüdinnen (die Befragung wandte sich bewusst auch an nichtjüdische Menschen, da sie zum Beispiel auch Zielgruppe des Kulturprogramms sind). 87% der Befragten leben in Wien. 67 Prozent gaben an, Mitglied einer Kultusgemeinde zu sein. 60 Prozent der Befragten identifizierten sich als Aschkenasen, 24 Prozent als Sefarden sowie 17 Prozent als orthodox, 41 Prozent als traditionell und 39 Prozent als säkular.   

Die Zufriedenheit mit den Serviceangeboten der jüdischen Gemeinde sei auf einem guten bis sehr guten Niveau, betonte Hajek. Als wichtigste Aufgaben der IKG würden Vertretung der religiösen und politischen Interessen, die religiöse Grundversorgung und Angebote für Kinder und Jugendliche gesehen. Die Vertretung der Mitgliederinteressen in religiösen Belangen und bei politischen Themen werde als gut empfunden, am positivsten werde das Auftreten gegen Antisemitismus bewertet. Kulturveranstaltungen würden etwa von knapp einem Fünftel der Befragten regelmäßig besucht, von einem weiteren guten Drittel immer wieder. Die Mehrheit der Erhebungsteilnehmer fühle sich im öffentlichen Raum allgemein sowie in jüdischen Einrichtungen oder Veranstaltungen der IKG Wien im Besonderen sicher.  

Generalversammlung des Maimonides Zentrums 

Micha Kaufman, Direktor des Maimonides, präsentierte den Jahresabschluss für 2022. Covid-19-bedingt lag die Auslastung mit 93,8 Prozent unter jener in Normalzeiten, da wegen Personalengpässen Betten gesperrt hätten werden müssen. Der Umsatz sei von 17,4 Millionen Euro 2021 zwar auf 18 Millionen im Vorjahr gestiegen (ein Plus von 3,8 Prozent), gleichzeitig seien die Ausgaben allerdings um 11,3 Prozent gestiegen. Faktoren dafür seien einerseits eine Aliquotierung vonseiten des Fonds Soziales Wien (FSW) um lediglich 2,3% und andererseits Gehaltserhöhungen (laut Kollektivvertrag) von 11,3% (inklusive spezielle Personalsuche) und Materialkostenerhöhung von 11,5%. Das führte zu einem Defizit in Höhe von 817.000 Euro im Jahr 2022.  

Im laufenden Jahr sehe die Lage wesentlich besser aus: Aktuell liege die Auslastung wieder bei 99,2 Prozent. Der FSW habe zudem eine Erhöhung des Tarifs für erbrachte Leistungen um 15 Prozent zugesagt.   

Der Jahresabschluss für 2022 wurde vom Kultusvorstand mehrheitlich zur Kenntnis genommen, die Entlastung der Geschäftsführung erfolgte einstimmig. 

Bestellung des Tempelvorstands 

Am 15. und 21. Juni wurden die Wahlen zum Tempelvorstand abgehalten. Statutengemäß muss der Kultusvorstand der endgültigen Zusammensetzung des Gremiums zustimmen. Der Kultusvorstand entsprach am Montagabend den Empfehlungen des Tempelvorstands. Der Tempelvorstand setzt sich fortan aus diesen acht Männer und vier Frauen zusammen: David Gov Ari, Maurizi Berger, Shoshana Duizend-Jensen, Susan Miriam Fuchs, Martin Lanczmann, Hanna Morgenstern, Arnold Pollak, Judith Rabfogel-Scheer, Noah Scheer, Georg Teichman, Robert Uri, Hannes Winkelbauer. Die Entscheidung fiel einstimmig. 

Zuerkennung der Torberg- und Bundesverbands-Medaillen 

Bundesverbands-Medaillen gehen in diesem Jahr an Israels Botschafter Mordechai Rodgold, Hannah Feingold, langjährige Präsidentin der IKG Salzburg, sowie Edward Serotta, den Begründer von Centropa . Mit Torberg-Medaillen werden Johannes Reiss, Direktor des Jüdischen Museums Eisenstadt, sowie Daniel Lörcher und Andreas Kahrs von der NGO What Matters (Anti-Antisemitismusarbeit im deutschen Fußball) geehrt.  

Präsentation der Kommunikationsabteilung 

Ben Dagan, Leiter der seit rund zwei Jahren bestehenden Kommunikationsabteilung präsentierte die Arbeit seines Teams. 2022 habe man etwa 60 Fototermine gecovert, 18 Videos plus die wöchentliche Dvar Tora von Oberrabbiner Jaron Engelmayer produziert, jede Woche einen Newsletter ausgeschickt, die SMS-Sicherheitshinweise betreut, die Web-Präsenz ausgebaut sowie diverse Kampagnen organisiert. In dieser Form der Berichterstattung zeigt sich: „jüdisches Leben findet statt“. Nach innen wiederum sei es gelungen, durch neue Formate, wie zum Beispiel einen Malwettbewerb zu Purim gezielt Kinder sowie deren Eltern anzusprechen. Ein Video über die Mischloach Manot-Aktion des Fundraisings dokumentierte zudem die gemeindeinterne Kooperation rund um Purim. Kinder der ZPC-Schule wurden beim Befüllen der Mischloach Manot-Sackerln gefilmt.  

Als Beispiel für eine Earned Media Kooperation nannte Dagan den Light of Hope 2022, dieser sei von Likratinos in Beiträgen im Standard und auf FM4 beworben worden. Diese Art der Kooperationen sowie die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen möchte Dagan weiter forcieren. Als Beispiel für die crossmediale Arbeitsweise der Abteilung präsentierte Dagan die Maßnahmen rund um das Straßenfest im Juni. In Richtunfg der Kultusräte unterstrich Dagan: „All das wird hier von uns gemacht, dafür müssen Sie keine Agentur engagieren.“  Via Online-Medien seien 2022 über 187.500 Menschen erreicht worden, aber mit Kosten, die niedriger als jene für das Inserat in nur einer Tageszeitung ausfallen. Fotogalerien von solchen Events seien wiederum ein Service für Gemeindemitglieder. 

Vorstellung Nachbarschaftshilfe 

Lea Nanikashvili, Koordinatorin der Nachbarschaftshilfe, präsentierte dem Kultusvorstand dieses niedrigschwellige Angebot der Sozialarbeit. Rund 25 ehrenamtlich tätige Gemeindemitglieder, darunter auch Ukrainer und Ukrainerinnen, die der Gemeinde etwas zurückgeben wollten, kümmern sich um Gemeindemitglieder in alltäglichen Nöten oder kleineren Krisen. Nanikashvili bringt dabei Helfer und Hilfesuchende zusammen: Ob es ein Einkauf für ein älteres Gemeindemitglied ist, das Abholen eines Kindes aus dem Kindergarten, kleine Reparaturen im Haushalt oder die Versorgung mit gekochten Mahlzeiten im Krankheitsfall. Als besonderes Projekt hob Nanikashvili das Gmach für Kinderbekleidung, eine Tauschbörse, hervor.  

Häusliche Gewalt sei allerdings immer wieder und leider auch häufiger Thema, hier werde dann aber ESRA beziehungsweise das Jugendamt zur Lösung aktueller Krisen miteinbezogen. Natalie Neubauer (Atid), die die Nachbarschaftshilfe vor vier Jahren initiierte, freute sich, dass das Projekt auch durch Nanikashvilis Engagement so gut funktioniere, regte aber an, hier mehr Stunden für diese Arbeit zur Verfügung zu stellen. 

Erhöhung der Beerdigungskostentarife 

Die IKG Wien habe die Beerdigungskostentarife zuletzt im März 2019 geändert, sagte IKG-Präsident Oskar Deutsch, seitdem betrage die Inflation 20 Prozent. Er präsentierte daher einen Vorschlag, wie die Preise so sozial als möglich neu gestaltet werden könnten. Der Kultusvorstand stimmte diesem mehrheitlich zu. Die Preise für Gräber der dritten, vierten und fünften Klasse werden daher nun um zehn Prozent angehoben (die günstigste Kategorie – die fünfte Klasse - kommt damit nun statt bisher 2.400 Euro auf 2.600 Euro). Zum Vergleich beträgt der niedrigste Tarif in München 9.500 Euro, in Frankfurt 4.400 Euro. Gräber in den Arkaden sowie der ersten und zweiten Klassen kommen nun um 15 Prozent teurer. Die Immatrikulationsgebühr für Nicht-Mitglieder wurde von bisher 4.000 Euro auf nunmehr 6.000 Euro erhöht. Nachlässe gibt es beim Kauf von zwei Gräbern, und zwar je nach Kategorie zwischen zehn und 25 Prozent (ein Viertel betrifft die Ermäßigung beim Erwerb von zwei Gräbern der fünften Klasse). 

Bericht ESRA 

ESRA-Obfrau Dwora Stein (Bund) zog Bilanz über das Jahr 2022. Demnach weise der Jahresabschluss ein Plus von rund 100.000 Euro und damit seit längerem wieder ein positives Betriebsergebnis aus (wobei Stein hier darauf verwies, das da noch ihre Vorgängerin Jasmin Freyer (Atid) im Amt gewesen sei). Zudem seien um 15 Prozent mehr Klienten und Klientinnen sowie Patienten und Patientinnen als im Jahr davor betreut worden. Nötig sei zudem eine Sanierung der in die Jahre gekommenen Räumlichkeiten von ESRA. Hier laufen derzeit die Evaluierungs- und Planungsarbeiten. Insgesamt geht es um eine Fläche von 1.700 Quadratmeter, die auch technisch auf den neusten Stand gebracht werden müsse. In Sachen Finanzierung werde man sich um Unterstützung durch die Stadt Wien bemühen. 

Bericht des Präsidenten 

IKG-Präsident Deutsch berichtete über zahlreiche offizielle Termine, darunter Gespräche mit dem Botschafter Aserbaidschans, NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, Innenminister Gerhard Karner, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und dem St. Pöltner Bürgermeister Matthias Stadler. Berührend sei zudem der Wien-Besuch des Enkels von Desider Friedmann (ab 1933 Präsident der IKG Wien, 1944 in Auschwitz ermordet) gewesen. An die 6.000 Menschen hätten das heurige Straßenfest am Judenplatz besucht, es sei ein tolles Fest gewesen, „das unglaublich gut angekommen ist“.