„Es kann im Kampf gegen den Terrorismus keine Neutralität geben“ - Ein starkes Zeichen der Solidarität mit Israel in Wien

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„Es kann im Kampf gegen den Terrorismus keine Neutralität geben“ - Ein starkes Zeichen der Solidarität mit Israel in Wien.

Viele Mitglieder der Wiener jüdischen Gemeinde fanden sich Donnerstag Abend am Judenplatz ein, um gemeinsam ein Zeichen der Solidarität für Israel zu setzen, und das, obwohl die Kundgebung aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich beworben werden konnte, wie IKG-Präsident Oskar Deutsch bedauerte. Vertreter der Parlamentsfraktionen ÖVP, SPÖ, Grüne und Neos sowie Innenminister Karl Nehammer, Israels Botschafter Mordechai Rodgold und die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler waren zudem der Einladung der IKG zu der Veranstaltung mit dem Titel „Für Frieden, gegen Antisemitismus – Solidarität mit Israel“ gefolgt. Sie alle verurteilten den Terror der Hamas gegen Israel und betonten unisono, dass dem aktuell auch auf den Straßen Europas sichtbaren Antisemitismus Einhalt zu gebieten sei.

 Von Alexia Weiss, Fotos: Daniel Shaked

„Jeder ist Fußballexperte. Jede ist Virologin. Alle sind Nahostexperten“, begann IKG-Präsident Deutsch seine kurze Rede und setzte fort: „Und an allem Unglück sollen die Juden schuld sein?“ Viele jener, die zu der Kundgebung gekommen waren, nickten zustimmend. Er prangerte an, dass auf pro-palästinensischen Demos in den vergangenen Tagen auch in Wien antisemitische Parolen skandiert worden seien, und betonte, dass diese Menschen das Leben der Palästinenser gar nicht interessiere. „Ihr Antrieb ist der Hass auf Juden und auf das, wofür Israel steht. Das eint die Antisemiten in Europa mit den Antisemiten der Hamas.“ Die Hamas ihrerseits terrorisiere Israel und die eigene Bevölkerung.

Mehr als 4.000 Raketen seien in den vergangenen elf Tagen aus Gaza abgefeuert worden – knapp 90 Prozent habe Iron Dome abgefangen, einige seien dennoch eingeschlagen, dabei seien jüdische und arabische Israelis, aber auch Gastarbeiter aus Indien und Thailand gestorben. „600 dieser Hamas-Raketen schlugen in Gaza selbst ein. Menschen starben. Alle, die wir heute hier sind und die eine Israel-Fahne schwenken, trauern auch um diesen Verlust“, betonte der IKG-Präsident. Alle würden auf einen baldigen Waffenstillstand hoffen – „aber leider ist auch eines gewiss: Es wird dort so lange Spannungen geben, so lange es Leute gibt, die Juden töten wollen und Juden, die sich nicht töten lassen wollen."

Israels Botschafter Mordechai Rodgold dankte in seiner Ansprache vor allem Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg für das Hissen der israelischen Fahne am Kanzleramt und am Außenministerium als Zeichen der Solidarität mit Israel. Das Foto sei in Israel viral gegangen und zehntausendfach geteilt worden. „Diese Geste hat den Menschen in Israel sehr viel bedeutet.“ Rodgold hielt zudem fest, dass der Hamas Menschenleben egal seien, „israelische wie palästinensische“. „Wir sagen, dass alle Menschen ein friedliches Leben haben sollen.“ Israel habe Sehnsucht nach Frieden. Als Terrorpaten in diesem Konflikt bezeichnete der Botschafter das iranische Regime. Dieses mache kein Geheimnis daraus, dass es Israel auslöschen wolle.

Innenminister Karl Nehammer betonte, Österreich stehe an der Seite Israels. In Österreich sei daher sowohl die Hamas als auch die Hisbollah verboten. Die israelische Fahne zu hissen, sei ein Anliegen gewesen – dafür erntete der Minister viel Applaus. Mit Sorge sehe er den zunehmenden Antisemitismus in Österreich, sagte Nehammer zudem. Daher sei es nötig, die Gesellschaft resilient gegen den Hass zu machen. Die Kundgebung am Judenplatz brauche viel Polizeischutz. Ziel sei es, eines Tages diese umfassende Absicherung nicht mehr zu brauchen.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sagte, „es kann im Kampf gegen den Terrorismus keine Neutralität geben“. Neutralität sei nur dort angebracht, wo man aufeinander zugehe, wo es Dialog gebe. Dem österreichischen Parlament sei es ein großes Anliegen, gegen Antisemitismus aufzutreten. Dieser halte sich in Europa seit Jahrhunderten. Sobotka verwies dabei auf die Wiener Gesera vor 600 Jahren und die Überreste der damaligen Synagoge unter dem heutigen Judenplatz, dem Ort der Kundgebung.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner meinte, in den vergangenen Tagen sei viel über die Situation im Nahen Osten diskutiert worden, dabei werde „viel beurteilt und viel verurteilt“. Sie selbst habe in den Jahren, während derer sie mit ihrer Familie in Israel gelebt habe, gelernt, dass mit je mehr Menschen sie sprach und je mehr sie zu dem Jahrzehnte währenden Konflikt las, desto unschärfer wurde ihr Bild davon. Was sie aber wisse: die Menschen wünschten sich „Ruhe und Sicherheit“ und ein „Ende der Bedrohung“. „Es braucht dauerhaften Frieden.“

Auch die Grünen-Abgeordnete Eva Blimlinger betonte: ihre Partei stehe an der Seite Israels  - und an der Seite der Jüdinnen und Juden, die in Österreich leben. Jeder Tote, jede Tote der aktuellen Eskalation der Gewalt zwischen Israel und der Hamas sei einer und eine zu viel. Man trauere um alle Opfer. Die Hamas habe kein Interesse an einer politischen Lösung, so Blimlinger. Und auch kein Interesse, die Lebensbedingungen der Bevölkerung in Gaza zu verbessern: Sonst würde sie das ihr zur Verfügung stehende Geld in Dinge wie Schulen und Krankenhäuser investieren statt in Raketen. Die Hamas spreche Israel das Existenzrecht ab – und damit auch jenes für Jüdinnen und Juden, kritisierte sie.

Das Existenzrecht Israels sei unangreifbar, betonte Helmut Brandstätter, Nationalratsabgeordneter der Neos. Er habe das Privileg gehabt, einer Generation anzugehören, die noch Überlebende der Shoah kennenlernen durfte. Die Verantwortung, die sich aus der Shoah ergebe, die müsse man nun an junge Leute weitervermitteln. Er hoffe, dass der aktuelle Terror gegenüber Israel nun jedenfalls so schnell als möglich zu Ende gehe.

Kurze Statements gab es auch von Vertretern und Vertreterinnen jüdischer Jugendorganisationen. Die Jugendlichen beklagten etwa, wie schwierig die momentane Situation für sie sei, ständig würden sie unter Druck gesetzt, sich hier zu dem Konflikt zwischen Israel und Hamas zu positionieren. Daran würden auch aktuell Freundschaften zerbrechen. Da fühle man sich plötzlich sehr alleine. Außerdem sehe man, wie schnell Hass auf Social Media in Gewalt auf der Straße umschlage. Drei jüdische Mädchen seien kürzlich in Wien mit Steinen beworfen worden.

Der Psychologe und Extremismusforscher Ahmad Mansour betonte in einer Videobotschaft, es sei wichtig, dass die vernünftigen Stimmen sich klar gegen Hass aussprechen, aber auch gegen einseitige Bilder und eine einseitige Betrachtung des Nahost-Konflikts. Antisemitismus sei herkunftsübergreifend. Dennoch dürfe man besonders den muslimischen Antisemitismus nicht ausblenden. Man müsse klarmachen, dass das Existenzrecht Israels in Europa nicht verhandelbar sei.

Oberkantor Shmuel Barzilai stimmte ein Friedenslied und die haTikva an, Oberrabbiner Jaron Engelmayer sprach ein Gebet. Gerade, als Engelmayer – als letzter des Abends – zu sprechen begann, setzte kurzzeitig leichter Regen ein. „Der Himmel weint auch schon“, so der Oberrabbiner.

Die Kundgebung verlief ohne Zwischenfälle. Das war auch dem massiven Polizeiaufgebot zu verdanken. Alle Zugänge zum Judenplatz wurden entsprechend abgesichert. Dominiert wurde der Platz Donnerstag Abend von einem Bild der österreichischen und israelischen Fahne auf der Bühne, die vor dem Holocaust-Mahnmal von Rachel Whiteread aufgebaut worden war. Es bestand corona-bedingt Maskenpflicht, um Abstandhalten wurde gebeten und dem versuchten auch alle Teilnehmer nach Möglichkeit nachzukommen. Zwei Länder Hand in Hand: dass hier Österreich im Kampf gegen den Terror an der Seite Israels steht, machten jedenfalls alle Redner und Rednerinnen klar.