Bericht: Sitzung des Kultusvorstands vom 18. Oktober 2023

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Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gemeindemitglieder!

Das brutale Morden der Hamas und die Verschleppung über 100 Israelis haben in der Gemeinde Sorge und Trauer hinterlassen. Auch die antisemitischen pro-Hamas Demonstrationen in Wien erzeugen ein Gefühl der Unsicherheit. Es wurden noch am Tag des Anschlags die Sicherheitsmaßnahmen rund um jüdische Objekte verstärkt und es wurden in den vergangenen Tagen weitere sichtbare und unsichtbare Maßnahmen zum Schutz jüdischer Einrichtungen gesetzt. Neben diesen sehr bewegenden Ereignissen wurde des Weiteren die Neustrukturierung des Generalsekretariats der Israelitischen Kultusgemeinde beschlossen und die ESRA-Generalversammlung abgehalten.  

In der Sitzung des Kultusvorstands vom 18. Oktober 2023 wurden folgende Themen behandelt: 

Aktuelle Lage in Israel und Auswirkungen auf jüdisches Leben in Wien 

Der Terror gegen Israel am 7. Oktober mit mehr als 1.300 Toten und mehreren tausend Verletzten hat für Entsetzen in Israel und jüdischen Gemeinden in der Diaspora geführt. IKG-Präsident Oskar Deutsch berichtete am Mittwochabend im Kultusvorstand, dass noch am 7. Oktober, die Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Institutionen in Wien verstärkt wurden. Kurzfristig wurde für Mittwoch, den 11. Oktober eine Kundgebung am Ballhausplatz organisiert   

Gleichzeitig habe am Stephansplatz eine sehr kurzfristig von der Polizei untersagte israelfeindliche Demonstration stattgefunden. Dort habe niemand für Palästinenser demonstriert. Stattdessen seien die Gräueltaten vom 7. Oktober glorifiziert worden und man habe die Ausrottung des Staates Israel gefordert („from the river to the sea“). Das habe vielen Angst gemacht. Am Freitag, den 13. Oktober, habe die Hamas dann auch noch zu weltweiter Gewalt aufgerufen. Das Ergebnis: 83 Prozent der Eltern von Kindern im ZPC-Kindergarten hätten an diesem Tag beschlossen, ihr(e) Kind(er) zu Hause zu lassen. Auch viele Schüler und Schülerinnen seien nicht zum Unterricht erschienen. Das sei allerdings auch Intention der Terroristen – Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Dagegen müsse sich die Gemeinde wehren.  

Die IKG habe sich in den vergangenen Tagen intensiv darum bemüht, dass der polizeiliche Schutz weiter ausgebaut werde. Diesen Mittwoch beschloss die Regierung, den Schutz jüdischer Einrichtungen durch zusätzlich dafür abgestellte Assistenzsoldaten zu verstärken. „Dafür sind wir sehr dankbar”, so Deutsch Gleichzeitig sei auch das Sicherheitsteam der IKG um zehn Personen aufgestockt worden. 

Das Präsidium und der Krisenstab haben sich ebenso bemüht, ein Verbot von Demonstrationen zu erreichen, bei denen Menschen aufgewiegelt und Juden der Tod gewünscht würde – oder zumindest ein härteres Eingreifen der Polizei. Diesbezüglich beschloss der Kultusvorstand auch eine Resolution  

Der IKG-Präsident bemühte sich im Kultusvorstand aber auch um das Vermitteln von Zuversicht: Das jüdische Volk habe bisher alles überlebt. Es sei traurig, dass es seit der Schoa noch nie so viele jüdische Opfer gegeben habe wie am 7. Oktober. „Am Ende des Tages müssen wir aber optimistisch sein. Am Ende des Tages wird es gut ausgehen. Wir müssen und werden jüdisches Leben weiter leben.“ 

KV René Wachtel (Chaj) regte eine Kampagne im öffentlichen Raum an, welche die Geiseln, die von der Hamas nach Gaza verschleppt wurden, in den Mittelpunkt stellt, an. Die IKG habe hier bereits erste Dinge von engagiertern Gemeindemitgliedern unterstützt (zB Plakate im öffentlichen Raum, die die Geiseln zeigen) und weitere Maßnahmen in Planung, Es gehe darum, Sachverhalte in der Öffentlichkeit richtig darzustellen. 

Beschluss einer Resolution zu den islamistischen Angriffen gegen Israel und den Implikationen für Juden und Jüdinnen in Österreich 

KV Erich Nuler (Atid) präsentierte einen Resolutionsentwurf, der darauf abzielte, in der aktuellen Situation auf die Sorgen, Bedürfnisse und daraus resultierenden Forderungen der Wiener jüdischen Gemeinde an die Politik, aber auch die Zivilgesellschaft hinzuweisen. Nach geringfügigen Anpassungen wurde der sieben Punkte umfassende Resolutionstext schließlich einstimmig beschlossen.  

Die Resolution im Wortlaut finden Sie hier.

Generalversammlung von ESRA und ESRA Plus 

Esra

KV Dwora Stein (Bund)  präsentierte in ihrer Funktion als Obfrau von ESRA gemeinsam mit Geschäftsführerin Susanne Schütt und dem ärztlichen Leiter, Benjamin Vyssoki, die Bilanz des psychosozialen Zentrums der IKG für 2022. Wirtschaftlich wurde ein Gewinn von etwas über 100.000 Euro erzielt – die Entlastung durch den Kultusvorstand erfolgte einstimmig. Die Arbeit war neben der laufenden Betreuung von Gemeindemitgliedern vor allem durch die Begleitung von aus der Ukraine Geflüchteten geprägt. Beraten, betreut und behandelt wurden 3.142 Personen (13 Prozent mehr als 2021). Ausgebaut hat ESRA 2022 das Angebot für Kinder und Jugendliche, um hier dem seit der Corona-Pandemie gestiegenen psychosozialen Versorgungsbedarf nachzukommen. 

Vorgestellt wurde auch ein Ausblick auf das Budget 2024. Hier geht man von einer Steigerung der Einnahmen gegenüber heuer von 6,75 Mio. Euro auf 7,46 Mio. Euro aus. Damit könnten auch die steigenden Personalkosten gut abgedeckt werden. Vyssoki betonte, dass die ÖGK Leistungen inzwischen besser vergüte. Zuletzt sagte auf Grund der aktuellen Situation Wiens Bürgermeister Michael Ludwig zusätzliche Mittel in der Höhe von 100.000 Euro zu. ESRA hat sofort nach dem 7. Oktober eine Hotline +43 1 214 90 14 zur Beratung und Entlastung von Gemeindemitgliedern in Zusammenhang mit dem Terror in Israel eingerichtet, Mitarbeiter sind hier inzwischen von Montag bis Sonntag im Einsatz und machen teils auch Hausbesuche. 

Der Zweck von ESRA Plus war die Abwicklung von Veranstaltungen. Seit Jahren gebe es hier allerdings kaum bis keine Aktivitäten, so Stein. Der Kultusvorstand entlastete den Verein zunächst. Anschließend wurde die Auflösung von ESRA Plus einstimmig beschlossen. Die noch vorhandenen Mittel in Höhe von rund 27.000 Euro wandern zu ESRA. 

Zwischenbericht zur Budgeterstellung 2024 

IKG-Präsident Deutsch, der auch Vorsitzender der Finanzkommission ist, berichtete in dieser Funktion über den Stand der Budgeterstellung für das Jahr 2024. Seit dem Sommer führe er gemeinsam mit dem stv. Kommissionsvorsitzenden KV Arik Alaev (VBJ) sowie dem Generalsekretariat Gespräche mit Kommissionen und Abteilungsleitern. Dabei wurden viele Wünsche geäußert, die man aber wohl großteils nicht erfüllen werde können. Die Finanzkommission tagt Ende Oktober. Komme man hier noch nicht zu einem Budgetbeschluss, gebe es einen weiteren Termin Anfang  November. Idealerweise könne dann dem Kultusvorstand in seiner November-Sitzung das Budget zur Debatte und Beschlussfassung vorgelegen. 

Initiativantrag  betreffend Stellenausschreibungen 

KV René Wachtel (Chaj) hat im September einen Initiativantrag betreffend Stellenausschreibungen eingebracht und in der Sitzung des Kultusvorstands am Mittwoch behandelt wurde. Konkret wird darin gefordert, dass alle Stellenausschreibungen im Gemeinde-Insider und im wöchentlichen Newsletter der IKG ausgeschrieben werden müssen, dass Ausschreibungen ab der Hierarchiestufe “Abteilungsleiter” vier Wochen vor der Ausschreibung im Kultusvorstand angekündigt werden müssten und ein Hearing in der Finanz- und Personalkommission erfordern. In der Debatte zu diesem Antrag argumentierte Deutsch, dass solch ein Vorgehen nicht statutenkonform wäre, Nuler (Atid) sprach sich dafür aus, Abläufe nicht zu verkomplizieren sondern im Gegenteil effizienter zu gestalten. Der Kultusvorstand beschließt die Rahmenbedingungen durch die Bestellung des Generalsekretariats und die jährlichen Budgetbeschlüsse. Stein (Bund) berichtete aus ihrer Erfahrung als Geschäftsführerin, ein Procedere wie im Antrag formuliert, würde einen Betrieb lähmen. Für die Führung der Geschäfte seien nicht ehrenamtliche, sondern hauptamtliche Geschäftsführer zuständig. Es stimmte schließlich nur Chaj-Mandatar Wachtel für die Annahme des Antrags. 

Bericht des Präsidenten 

IKG-Präsident Deutsch berichtete über das gelungene Neujahrskonzert im Konzerthaus, den Abschied vom israelischen Botschafter in Österreich, Mordechai Rodgold, sowie Treffen mit einigen Nachfahren österreichisch-jüdischer im Holocaust Verfolgter, die heute im Ausland leben und die nun einen österreichischen Pass bekommen hätten. Das zum zweiten Mal abgehaltene Nationale Forum gegen Antisemitismus sei ganz im Zeichen der Gräueltaten der Hamas in Israel und der Sicherheitslage für Juden und Jüdinnen in Österreich gestanden. 

Neustrukturierung des Generalsekretariats 

Der Kultusvorstand hat nach umfangreichen Überlegungen in seiner Sitzung am 18. Oktober 2023 entschieden, zum einen das Generalsekretariat der IKG Wien neu auszurichten und zum anderen damit auch einen ersten Schritt einer geplanten, mit den Führungskräften und Kommissionsvorsitzenden umzusetzenden Organisations- und Strukturentwicklung zu setzen. Im Zuge dessen fällt die Position des Generalsekretärs für kaufmännische Angelegenheiten weg. Mag. Klaus Hoffmann verlässt daher die IKG Wien und übergibt seine Aufgabenbereiche an Generalsekretär Benjamin Nägele, der ab sofort die alleinige Gesamtverantwortung als Generalsekretär übernehmen wird. Der Kultusvorstand hat weiters entschieden, Harald Sasse mit der Leitung der Finanzen der IKG und der Rolle des Stellvertreters des künftigen alleinigen Generalsekretärs zu betrauen.