Der 8. Mai im Zeichen des Gedenkens und der Freude

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Die österreichische Bundesregierung gedachte am 8. Mai mit einem Festakt im Bundeskanzleramt der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) unterstrich dabei Österreichs historische Verantwortung, besonders angesichts des derzeitigen Anstiegs antisemitischer Vorfälle und der Tatsache, dass sich viele Jüdinnen und Juden nicht mehr sicher fühlen. Stocker appellierte, gegen jede Form von Hass und autoritären Ideologien aufzustehen, erinnerte an die über 65.000 ermordeten österreichischen Juden sowie an andere Opfergruppen und würdigte die Befreier Österreichs, die den Grundstein für die heutige Republik gelegt hätten.

Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) mahnte, Spaltung und autoritären Tendenzen entschieden entgegenzutreten, und betonte, dass Österreichs Erfolg auf Solidarität und Gleichwertigkeit aller Menschen beruhe. Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) forderte, die Stimmen der verbliebenen 14 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ernst zu nehmen, die noch heute vor Hass, Antisemitismus und Extremismus warnen. Die Erinnerung an ihre Botschaften müsse auch in Zukunft aktiv gepflegt werden.

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Gedenken am Morzinplatz

Am Denkmal für die Opfer der Gestapo am Morzinplatz gedachten die Wiener Grünen gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft und Politik der Opfer des nationalsozialistischen Terrors bei einer feierlichen Kranzniederlegung. Unter der Moderation von Gemeinderat Niki Kunrath erinnerten David Ellensohn, Klubobmann der Grünen Wien, sowie Isolde Vogel vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und Benjamin Nägele, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde, an die Bedeutung des Gedenkens und mahnten eindringlich dazu, sich täglich aktiv gegen jede Form des Antisemitismus einzusetzen.

Fest der Freude am Heldenplatz

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und mit der Gründung der Zweiten Republik habe sich Österreich konsequent an „westlichen Werten“ orientiert, betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Rechtsstaatlichkeit und liberale Demokratie seien zu tragenden Säulen der Gesellschaft geworden, Toleranz und Pluralismus geübt worden, was schließlich im EU-Beitritt vor 30 Jahren gipfelte. Angesichts der aktuellen globalen und europäischen Bedrohungen warnte er jedoch, dass genau diese Errungenschaften heute in Gefahr seien. Statt in der Krise den Maßstab zu verlieren, müsse man vielmehr entschlossen für die nach 1945 gewachsenen Werte eintreten: Respekt, friedliches Miteinander und die Kultur des Erinnerns.

Als Zeitzeuge erinnerte der 95-jährige Paul Lendvai an seine Flucht 1944 während eines Todesmarschs ungarischer Nazis und machte in seiner Rede ein eindringliches Plädoyer für Menschen- und Minderheitenrechte. Er forderte, ohne Rücksicht auf Herkunft oder Religion geschlossen gegen Xenophobie, Rassismus und Antisemitismus aufzutreten – notfalls auch zu kämpfen. Scharfe Kritik übte er an der Verharmlosung neonazistischer Vorfälle sowie an deutschnationalen Burschenschaften, die er als „Teile des Bösen“ bezeichnete. Zudem verurteilte Lendvai die „zügellose Hasskampagne“ gegen Israel, betonte aber zugleich, dass die Terrorakte der Hamas und islamistischer Gruppen nicht als Vorwand für die sinnlose Zerstörung Gazas oder die Unterdrückung der Palästinenser dienen dürften.

Mensch Award 2025

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Am Abend wurde auch der Mensch Award 2025 verliehen. Ausgezeichnet wurden: Oberrabbiner Jaron Engelmayer, Oskar Deutsch, Maya & Anita Lasker, Wolfgang Bandion, Mark Jones, Konrad Adenauer (posthum), sowie die 45th Armored Division (vertreten durch die US-Botschaft). Eröffnet und abgeschlossen wurde die Veranstaltung von Steve Geiger und Lukas Mandl. Zudem hielten Shannon Seban und der Oberrabbiner Abraham Cooper jeweils eine Rede.